Kauf mich! Bezahl mich! Je mehr du mir bietest, desto schlechter darf das Produkt sein, das ich für Dich bewerbe.
Ich habe mich letzte Woche fürchterlich erschreckt. Ich war wütend, verärgert, traurig, enttäuscht. Warum? Weil ich, mal wieder, Werbung für ein Fertiggericht auf einem Foodblog entdeckt habe, den ich – bis dato – immer gerne gelesen habe. Sehr gerne sogar.
Dieser Post hat mich nachdenklich gemacht und dazu geführt, dass ich nun niederschreibe, was mich schon seit vielen Monaten beschäftigt.
Wie käuflich sind Blogger?
Was ist nur passiert? Warum machen Blogger Werbung für Fertigprodukte? Nur wegen dem Geld? Wie käuflich sind wir? Bekommen wir den Hals nicht voll? Ist das Konkurrenzbecken so überfüllt, dass man einfaach jedes Angebot annimmt, nur um etwas vom Kuchen abzubekommen oder das Stück nicht abgeben zu müssen?
Angefangen hat alles mit dieser Bannerwerbung vor langer Zeit. Auf einmal hatten alle Blogs, die ich gerne gelesen habe Banner in ihrer Sidebar in denen Produkte beworben wurden. Unpassende Produkte. Völlig vorbei an der Zielgruppe. Hauptsache die Kasse klingelt. Die Folge für mich: diese Blogs lese ich nicht mehr.
Aber wieviel genau ist einem die eigene Authentizität wert (die man sich meist über Jahre aufgebaut hat?), dass man sie für ein paar Hundert oder gar Tausend Euro aufs Spiel setzt?! Ich habe seit dem revue passieren lassen und etwas recherchiert. Das Resultat: auf vielen Blogs habe ich Werbung für Fertiggerichte gefunden, die nun wirklich nicht bewerbenswert sind. Fertigpizza, Salat aus der Tüte, Pizza-Baguette oder Baguette mit Kräuterbutter darin – alles fertig versteht sich. Packung/Tüte auf und los gehts!
Habe ich als Blogger nicht auch eine Verantwortung gegenüber meinen Lesern? Habe ich nicht auch den Auftrag aufzuklären?
Ich persönlich mache wirklich viel selbst, eigentlich fast alles. Marmeladen, Chutneys, Kräuterbuttern, einerseits weil mir die Industrieware einfach nicht mehr schmeckt und andereseits, weil ich eine Leidenschaft dafür habe „selber zumachen“. Ich verstehe sehr gut, dass es den meisten zu viel Arbeit ist. Ich ärgere mich nicht selten über mich selbst, wenn es mal wieder 23 Uhr an einem Dienstag Abend ist und die Küche aussieht wie ein Schlachtfeld.
Aber ich frage mich: wollen unsere Blogleser wirklich Fertigprodukte bei uns sehen? Wollen sie nicht lieber sehen, wie sie bspw. eine Fertigpizza durch eine selbstgemachte Variante in 30 Minuten zubereiten können? Wäre es nicht sinnvoller Tricks zu zeigen, wie man einen Salat besonders schnell wäscht oder über 2 Tage im Kühlschrank frisch halten kann statt die Tüte aufzureissen?
Oder macht uns der Gebrauch von Fertiggerichten menschlicher? Haben unsere Leser sonst das Gefühl, beim Kauf eines Fertigproduktes ein schlechter Gewissen haben zu müssen? Und wäre letzteres wirklich so schlimm?
Liebe Leser, kommt ihr euch nicht auch veräppelt vor, wenn Euch ein Foodblogger erzählt, wie toll und praktisch der Salat aus der Tüte ist? Wie knusprig das Fertigbaguette schmeckt? Wie lecker würzig und einfach in der Handhabung eine Fertigpizza ist?
Lest ihr nicht deshalb Blogs, weil wir euch inspirieren sollen? Weil ihr sehen wollt, wie schnell und einfach man ein frisches Gericht auf den Tisch zaubert?
Ich kommentierte, dass ich es nicht gut finde für ein Fertigprodukt Werbung zu machen.
Daraufhin erreichten mich einige Nachrichten von Bloggern, die meinen Kommentar gelesen haben und ganz offensichtlich auch meiner Meinung sind. Diese Blogger kommentierten unter dem besagten Post nicht.
Ich fragte mich daraufhin: Warum? Haben Sie Angst aus der „Blogger-Community“ ausgeschlossen zu werden? Falls das der Grund ist? Was genau ist das denn dann für eine „Community“, in der man nicht offen sprechen darf? In der man seine Meinung nicht frei äußern darf aus Angst ausgeschlossen zu werden?
Oder haben wir Blogger Angst, dass uns durch einen solchen Kommentar lukrative Werbedeals mit den Firmen entgehen, die bereitwillig viel Geld bezahlen, damit glaubwürdige Blogger für ihre Fertiggerichte machen?
Will man es sich einfach nicht mit den „großen, erfolgreichen“ Bloggern verscherzen, indem man einfach alles toll findet, was diese machen?
Oder ist es noch einfacher: denken wir Blogger einfach, es sei vergebene Liebesmüh einen Kommentar zu schreiben? Lieber Wegschauen als hinsehen?
Was ist es, das uns Blogger davon abhält offen unsere Meinung zu sagen? Ist das nicht eigentlich der Grundgedanke des Bloggens (gewesen)?!
Auch ich mache Werbung auf meinem Blog. Damit bin auch ich in gewisser Weise käuflich (Meine Leistung, meine Kreativität – nicht aber meine Integrität und auch nicht meine Überzeugung). Ausgewählt und ausgesucht und in einer sehr niedrigen Frequenz. Und das nicht, weil ich Werbung schlecht finde (im Gegenteil, nicht weil ich zu wenig Angebote bekommen würde, sondern weil ich einfach viele Angebote ablehne, die nicht zu meiner Überzeugung passen. Ja, vielleicht habe ich den Luxus mir das einfach leisten zu können.
Aber, ich finde das alles ziemlich bedenklich. Zum einen die Tatsache, dass hintenrum gelästert wird anstatt seine Meinung direkt zu äußern und an denjenigen zu adressieren, den es betrifft. Zum anderen wollen wir Blogger, unsere Stimme wirklich dafür verschwenden Fertiggerichte noch bekannter und unbedenklicher zu machen, anstatt für die kleinen Erzeuger zu werben, die ein leckeres Chutney aus den Früchten auf ihrem Bauernhof kochen, die viel dringender unsere Stimme bräuchten?
Mir geht es nicht darum zu verteufeln, ein Fertigprodukt zu essen. Jeder von uns tut das! Die einen häufiger, die anderen seltener – das will ich nicht bewerten. Auch ich esse Fertigprodukte! Wenn man mich fragt, ob ich Fertigpizza esse, werde ich jedem ehrlich antworten: Ja, ca. 2 mal im Jahr!
Aber: muss ich für dafür auch noch Werbung machen? Ich sage ganz klar: NEIN!
Es gibt einfach Grenzen! Und es gibt Produkte, die haben, meiner Meinung nach, auf einem Foodblog nichts verloren.
Jeder Blogger begann mit dem Bloggen um zu inspirieren.
Ich unterstelle jetzt einfach mal ganz frech: jeder Foodblogger hat mit dem Bloggen begonnen um zu inspirieren. Um den Lesern seine liebevoll entwickelten Kreationen zu zeigen. Sei es die Tomatensauce von Papa, der Sonntagskuchen von der Oma oder das eigene Lieblingsrezept für Ofenkartoffeln. Keiner von uns begann mit dem Intention Fertiggerichte in die Kamera zu halten.
Dann kam die Möglichkeit der Monetarisierung und die Grenzen wurden aufgeweicht. Und ja, das finde ich ist ein Problem. Ein aktuelles Problem. Ein Problem, das wir angehen sollten.
In diesem Sinne: Schlagt die Eier auf! Wascht den frischen Salat vom Feld selbst! Kauft ein Baguette von einem lokalen Handwerksbäcker und belegt es selbst! Kocht einfach frisch!
Und dann:
lasst es euch schmecken, eure Tina.
Ich möchte noch einmal anmerken, dass der erwähnte Post/Blog nicht die Ursache dieses Artikels ist und dieser Artikel auch kein persönlicher Angriff gegen diesen darstellen soll. In diesem Artikel möchte ich lediglich meinen Ärger und meiner Enttäuschung luftmachen, der/die mich schon seit vielen Monaten begleitet, weil ich diese Entwicklung auf vielen vielen Blogs beobachte.
Ich möchte desweiteren niemanden defarmieren oder darüber urteilen mit welchen Firmen die jeweiligen Blogger zusammengearbeitet haben und werden. Werbung hat ihren verdienten Platz in der Bloggerwelt. Darum geht es mir nicht. Es geht mir lediglich um das Propagieren von Fertiggerichten, das, meiner Meinung nach, auf Foodblogs keinen Platz haben sollte.